In diesem Brief aus der Zukunft geht es um WEF & Generative KI // Lernen mit ChatGPT // Wettkampf der Giganten.
Die Vorzeichen für das diesjährige Treffen beim Weltwirtschaftsforum in Davos waren eindeutig: "Polykrise" lautete das Stichwort, mit dem die Organisator:innen im Vorfeld die Gleichzeitigkeit und Komplexität der aktuellen globalen Herausforderungen auf einen Nenner brachten. Doch während Krieg, Inflation, Rezession und die alles überlagernde Klimakrise zwar eine zentrale Rolle spielten, so dominierte in dieser Woche beim WEF noch ein anderes, dezidiert technologisches Gesprächsthema: ChatGPT.
Die Anwendung, deren Popularität seit ihrer Veröffentlichung Ende November stets neue, ungeahnte Höhen erreicht hat, steht dabei symbolisch für die aktuellen Fortschritte generativer Künstlicher Intelligenz. Als KI-Gesprächspartner produziert der Chatbot ChatGPT jegliche Form von Text. Weitere Formen generativer KI können aber auch Bilder, Audio oder sogar Video künstlich erzeugen. Die Technologie dahinter gibt es seit Jahren. Neu ist die Vehemenz, mit der entsprechende Tools in den vergangenen Wochen in die greifbare Lebens- und Arbeitsrealität vieler Menschen vorgedrungen sind. Wenig überraschend also, dass "Generative AI" in Davos in aller Munde war. In einem Interview mit CNN erklärte Jeff Maggioncalda, CEO der US-Lernvideoplattform Coursera, dass er das Tool täglich als "Schreibassistent und Denkpartner" nutze. Jeder, der sich dem verweigere, werde in kürzester Zeit im Nachteil sein.
Mit Spannung wurde auch der Auftritt von Microsofts CEO Satya Nadella erwartet, dessen Unternehmen Berichten zufolge kurz vor einem Investment von 10 Milliarden US-Dollar in OpenAI, dem Entwickler von ChatGPT, steht. Im Gespräch mit WEF-Gründer Klaus Schwab bezeichnete Nadella Generative AI als revolutionär. Als Beispiel beschrieb er eine GPT-basierte Anwendung eines indischen Programmierers, die es einem Bewohner eines abgelegenen indischen Dorfes ermöglichte, komplexe Behördendienste in seiner Muttersprache in Auftrag zu geben. Nur wenige Monate habe es gedauert von der Entwicklung des zugrundeliegenden KI-Modells in den USA bis zur konkreten Anwendung im ländlichen Indien.
Das positive Beispiel von Nadella zeigt, mit welch atemberaubenden Tempo die Entwicklung von KI-Innovationen voranschreitet. Doch dieses Tempo gibt nicht nur Anlass zur Freude: Das Missbrauchspotenzial von generativer KI ist immens. Egal ob Desinformation, Deepfakes jeglicher Couleur, Plagiate oder Phishing, Chancen und Risiken liegen nahe beieinander. "Wenn wir es falsch machen, könnte es die Dystopie unserer Welt sein", sagte Hanzade Dogan, CEO des türkischen E-Commerce-Unternehmens Hepsiburada in einem Panel am Mittwoch. Und da klang es schon gleich viel mehr nach dem Krisenmodus, den viele in Davos erwartet hatten.
von Finn Blug
Personal Growth
Der ChatGPTutor: Lernen mit KI
An Schulen und Universitäten verfolgen viele den Aufstieg von Textgeneratoren wie ChatGPT mit einer Mischung aus Faszination und Schrecken. Denn ein Bildungssystem, das zum großen Teil auf einer Wissensabfrage durch Hausarbeiten basiert, gerät in arge Bedrängnis, wenn Chatbots nun mindestens ähnlich gute Texte verfassen wie Schüler:innen und Studierende.
Vielerorts beginnt bereits ein recht hoffnungsloses Katz-und-Maus-Spiel: Lehrende verbieten KI-generierte Texte und benutzen Erkennungssoftware, um solche Texte aufzuspüren, während Lernende versuchen, die Software auszutricksen (ChatGPT dazu aufzufordern, "wie ein Mensch" zu schreiben, scheint dabei schon zu helfen). Stattdessen könnte man Textgeneratoren sinnvoll in den Lernprozess integrieren und dabei gleichzeitig lernen, mit einer Welt im Wandel umzugehen – etwa auf diese Weise:
1. KI-generierte Texte verbessern: ChatGPTs Texte sind oft verblüffend, aber nicht perfekt. Sie erfordern einen sorgfältigen Faktencheck und müssen stellenweise umformuliert werden – auch das erfordert (und fördert) Textkompetenz.
2. Beispiele und Definitionen generieren: ChatGPT kann anschauliche Beispiele erstellen, Fachbegriffe definieren und so komplexe Themen vermitteln. Du könntest das Tool auch dazu auffordern, eine Definition so zu schreiben, dass Kinder sie verstehen.
3. Den Lernprozess personalisieren: Textgeneratoren können in kurzer Zeit individuelle Lerninhalte vorschlagen und auf diese Weise dazu beitragen, mit geringem Aufwand das Lernen besser auf die Bedürfnisse der Lernenden abzustimmen.
Noch mehr Ideen für KI-assistiertes Lernen findest du auf dem Ditch That Textbook Blog.
von Lea Beiermann
Dive Deeper
Folge #1: Lastabwurf | ChatGPT | Ciao Telefonzelle | Überraschung
In der ersten Folge des neue ada-Podcasts "Shift Happens" sprechen Miriam Meckel und Léa Steinacker über "Lastabwurf" ("Load Shedding”). Ist das ein Vorsatz für das neue Jahr oder was steckt dahinter? Außerdem diskutieren sie den neuen KI-Tausendsassa von OpenAI, den Chatbot ChatGPT. Und schließlich sagen Miriam und Léa der Telefonzelle Goodbye – mit einer Erinnerung, die mit einem Telefonat wenig zu tun hat.
mit Miriam Meckel & Léa Steinacker
KI: nächster Wettkampf der Giganten
Der Chatbot ChatGPT von OpenAI hat einen Hype entfacht. Auch andere Unternehmen drängen auf den Markt – es geht um Milliarden. Der nächste Wettkampf der Giganten findet erneut ohne die Europäer:innen statt.
von Miriam Meckel
Und zuletzt:
Dies ist das Archiv unseres wöchentlichen Newsletters, dem Brief aus der Zukunft. Gelange hier zur Sammlung, um mehr zu entdecken.