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  • 22.09.2021
  • Astrid Maier

Warum Verbote Innovationen fördern

In diesem Wahlkampf wird oft über Verbote gestritten. Die haben ein schlechtes Image – zu Unrecht. Verbote eröffnen den Lösungsraum für neue Ideen. 

Über vieles wird in diesem Wahlkampf gestritten: Über Digitalisierung und Netzausbau, Mindestlohn und drohenden Linksrutsch. Über die Kosten für die Wirtschaft, wenn sie auf Klimaschutz umstellen soll. Und über Verbote. Es ist eine ziemlich deutsche Debatte geworden, die wir in den letzten Tagen vor der Bundestagswahl noch erleben: Die German Angst kursiert.

Dabei ist es Zeit, Verbote von ihrem schlechten Image zu befreien. Die Innovationsforschung zeigt sehr deutlich: Hindernisse, Mangel, Knappheit und Not machen – genau, erfinderisch. Kein gutes Brainstorming, das etwas auf sich hält, kommt ohne Verbote aus: Wie würden wir unser Problem lösen, wenn wir nicht mehr als 10.000 Euro dafür ausgeben dürfen? Wie, wenn wir niemand Neues dafür einstellen können? Und wie würden wir an die Sache herangehen, wenn wir nicht länger als einen Monat dafür zur Verfügung hätten? 

Derartige „Denkverbote“ öffnen erst den Lösungsraum für Ideen, an die davor noch kaum jemand gedacht hat, ja, nicht zu denken gewagt hat. Sie werden in Innovations-Prozessen wie etwa Design Thinking systematisch angewandt, um die Innovationskraft im Team zu steigern. Und auch die Praxis zeigt: Dienste wie PayPal wurden nicht erfunden, weil bargeldlose Geldüberweisungen politisch subventioniert wurden. Im Silicon Valley ist das Netz vielerorts noch ziemlich schlecht. In der Zeit, als PayPal erfunden wurde, haben die Menschen in Kalifornien noch per Scheck überwiesen. Und Banküberweisungen wie in Deutschland waren dort nicht vorgesehen. PayPal ist wie viele andere Innovationen aus der Not entstanden.

Vielleicht ist es unser Pech, dass wir als Land mal eine sehr solide analoge Infrastruktur und darum herum funktionierende Wirtschaftssysteme aufgebaut haben. Für Autos mit Verbrennermotor, Lastschrifteinzug auf der Bank. Das hat uns dafür blind gemacht, was passieren könnte, wenn eines Tages diese Systeme einfach mal abgeschaltet werden könnten. Genau das droht uns nun mit dem Klimawandel. 

Denken wir also nochmal darüber nach, wie wir nicht ohne, sondern mit Verboten unsere Wirtschaft so umstellen, dass sie dabei vor Innovationen nur noch Sprünge macht, neue Arbeitsplätze aufbaut und alle anderen anerkennend auf Deutschland blicken lässt, weil wir den Sprung in die Zukunft geschafft haben. Das klappt übrigens unabhängig jeglicher Parteipräferenz – reden wir bitte die Verbote nicht länger schlecht. 

Astrid Maier

Astrid Maier ist Chefredakteurin von XING News und langjährige Wirtschafts- und Tech-Journalistin. Vor ihrem Start bei XING war sie Chefreporterin für ada und leitete bei der Wirtschaftswoche die Ressorts Unternehmen & Märkte sowie Innovation & Digitales. Sie hat bei der Financial Times Deutschland das Handwerk Journalismus gelernt und später beim manager magazin über die globale Digital-Ökonomie berichtet. In ihrer Kolumne "Let's work it!" schreibt sie einmal im Monat über Ideen für eine neue Arbeitswelt.

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