Facebook hat eine turbulente Woche hinter sich, deren Erkenntnisse letztlich in einer Frage münden: Wie sollte politisch umgegangen werden mit dem Tech-Riesen?
Es war eine desaströse Woche für Facebook: Erst trat die ehemalige Facebook-Mitarbeiterin und Whistleblowerin Frances Haugen in die Öffentlichkeit und gab den Aufsehen erregenden Enthüllungen rund um die „Facebook Files“ ein glaubwürdiges und entschiedenes Gesicht. Dann fielen vergangenen Montag die Server des Konzerns aus – mit Konsequenzen für die Dienste Whatsapp, Instagram und die Mutter-Plattform Facebook selbst. Sechs Stunden blieben diese unerreichbar. Der Ausfall bescherte dem Tech-Riesen einen geschätzten Umsatzverlust von 60 Millionen US-Dollar. Und am Dienstag, nur einen Tag später, war Frances Haugen schon zur Anhörung im US-Kongress und untermauerte ihre Vorwürfe, wonach Facebook die eigenen Interessen über das Wohl seiner Nutzer:innen stelle.
Diese besondere Gemengelage hat viele Fragen über die Fragilität unserer digitalen Gegenwart, die kritische Rolle von Technologie in unserem Alltag und das komplizierte Verhältnis zwischen Nutzer:innen, Staat und Plattformen aufgeworfen. Fragen, die im Einzelnen alles andere als neu sind – die aber mit neuer Dringlichkeit in einem zentralen Punkt kulminieren: Wie sollte politisch umgegangen werden mit dem destruktiven Gebaren, der ausufernden Dominanz und der profitorientierten Ignoranz der Tech-Giganten?
In den USA wurde in dieser Woche wieder verstärkt über die Regulierung und auch eine mögliche Zerschlagung von Facebook spekuliert. „Der Ausfall einiger weniger Online-Plattformen wäre keine große Nachricht, wenn diese nicht den gesamten Markt beherrschen würden“, zitiert das Time Magazine die demokratische Vorsitzende des Senatsausschusses für Kartellpolitik Amy Klobuchar.
Auch in Europa reagierten Entscheidungsträger:innen auf Facebooks „very bad week“. So sah sich EU-Binnenmarktkommissar Thierry Breton in seinem Vorgehen gegen Big-Tech nach einem Gespräch mit Whistleblowerin Haugen bestärkt. Aber wo setzt die Kommission eigentlich an, um diese spezifischen Auswüchse von Big-Tech zu adressieren?
Der Entwurf des Digital Services Act (DSA), wie er gerade im Europäischen Parlament und in den Mitgliedstaaten erörtert wird, soll Akteure dazu verpflichten, eine Risikobewertung darüber vorzunehmen, wie ihre Dienste im schlimmsten Fall genutzt werden könnten. Externe Stellen sollen diesen Prozess überprüfen. Bei Verstößen drohen empfindliche Geldstrafen. Zudem sollen Forscher:innen Zugriff auf die algorithmischen Black Boxes der Plattformen erhalten, mit denen sie personalisierte Werbung schalten. Der Entwurf adressiert damit die von Haugen kritisierte fehlende Transparenz bezüglich der Facebook-Algorithmen und nimmt Big-Tech stärker in die Pflicht.
Dass man aus regulatorischer Sicht derzeit nahezu neidisch über den Atlantik schaut, mag für uns Europäer:innen absurd klingen. Zugleich spricht es dafür, dass man mit richtungsweisenden, aber nicht perfekten Tech-Regelwerken, wie der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) oder dem geplanten Digital Services Act (DSA), erstmal mehr richtig als falsch macht.
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Titelbild: Thought Catalogue(Unsplash