In diesem Brief aus der Zukunft geht es um Tech in 2023 // Bewussteres Atmen // Lesetipps des Jahres im ada Magazin.
Als wir im Januar an dieser Stelle auf das Tech-Jahr 2022 vorausgeschaut haben, ging es vor allem um zwei große, visionäre Konzepte: das Metaverse und das Web3. Beide Konzepte gelten als große Visionen der nächsten Generation des Internets – und beide Konzepte haben in diesem Jahr maßgebliche Dämpfer erlebt. Während Meta (ehemals Facebook) nach seiner 10.3 Milliarden US-Dollar Wette auf die virtuelle Zweitwelt weit hinter den Erwartungen zurückblieb und massiv an Wert verlor, war es im Web3-Space vor allem der Einbruch von Kryptowährungen, der die großen Träume vom dezentralen Internet der Zukunft trübte.
Doch diese Desillusion betraf in 2022 nicht nur visionäre Tech-Ideen. Auch damit verbundene schillernde Gründer-Persönlichkeiten erfuhren in diesem Jahr eine Entzauberung. Davon zeugen nicht nur die kürzliche Verurteilung der Theranos-Gründerin Elizabeth Holmes, sondern auch der krachende Niedergang von FTX-Gründer Sam Bankman-Fried. Und dann wäre da noch ein gewisser Elon Musk, dessen haarsträubende Twitter-Übernahme mittlerweile auch Tesla auf Talfahrt schickt – und den wohl gefeiertsten Tech-Unternehmer der vergangenen zehn Jahre ein groteskes Maß an Glaubwürdigkeit, Reputation und nicht zuletzt Geld gekostet hat.
Wie blickt man nun also voraus nach einem Jahr der Ernüchterung? Vielleicht sind es eben nicht die ganz großen und übergeordneten Konzepte, die uns 2023 beschäftigen werden. Sondern vielmehr kleinere, unaufgeregte Ideen oder praktische Anwendungen dessen, was schon da ist. In Bezug auf das Metaverse könnten das – anstelle einer die Realität substituierenden Zweitwelt für Endkund:innen – konkrete Industrieapplikationen sein, wie Digital Twins. Im Bereich der Künstlichen Intelligenz deutet der aktuelle Hype um den Textgenerator ChatGPT an, in welchen Bereichen KI in nächster Zeit ein echter Gamechanger sein wird, aber auch, wo die Limitierungen der Technologie liegen.
Ein schönes Beispiel für ein Unternehmen, das für ein unaufgeregtes Fortschrittsnarrativ steht, ist die Kölner Übersetzungsplattform DeepL. Das Unternehmen avancierte im November zum Unicorn und besticht mit einem schlichten wie einleuchtenden Geschäftsmodell sowie schierer Qualität. Die Übersetzungen der Software gelten als präziser und besser als das vergleichbare Google-Tool. Angesichts von Krieg, Wirtschafts- und Klimakrise sollten wir in 2023 wohl mehr auf solch solide Erfolgsgeschichten schauen – statt weiter nach dem „Next Big Thing“ zu lechzen.
von Finn Blug // Titelbild: Vincent Desjardins
Personal Growth
Durchatmen – und die Hirnwellen synchronisieren
Die Zeit zwischen den Jahren ist eine zum Durchatmen. Das gilt im übertragenen Sinn, aber auch wortwörtlich: Wer bewusst atmet, kann sich besser auf neue Aufgaben konzentrieren.
Aus der Yogapraxis ist schon lange bekannt, dass bewusste Atmung einen positiven Einfluss auf unseren Körper hat. Indem wir unser Bewusstsein auf die Atmung lenken, können wir den Puls beruhigen und sogar den Blutdruck senken. Die Atmung hat außerdem Einfluss auf das Denken. Mehrere wissenschaftliche Studien der vergangenen Jahre legen nahe, dass es eine direkte Verbindung zwischen Atmung und Gehirnaktivität gibt, denn Hirnwellen werden offenbar im Takt des Atems miteinander synchronisiert.
Das hat erstaunliche praktische Konsequenzen. Forschende der Northwestern University konnten zum Beispiel zeigen, dass Menschen sich Bilder besser merken können, die sie beim Ein- statt Ausatmen sehen. Andersherum atmen viele Menschen (unbewusst) ein, bevor sie sich einer schwierigen Aufgabe widmen. Anstatt also eine Menge guter Vorsätze zu fassen, die häufig ohnehin nicht von langer Dauer sind, sollten wir uns vielleicht nur eins merken: im nächsten Jahr vor neuen Herausforderungen einmal einzuatmen. Das Knowable Magazine gibt einen tieferen Einblick in aktuelle Forschung zu Atmung und Denken.
von Lea Beiermann
Best of Dive Deeper 2022:
Explainable AI: Maschinen, die nur Maschinen verstehen
Künstliche Intelligenz kommt oft als Black Box daher, deren Handeln kein Mensch versteht. Entwickler:innen wollen Licht ins Dunkel bringen – wiederum mithilfe von KI.
von Jonas Gerding
Humane Algorithmen – dafür legt sie sich mit Amazon an
Die nigerianisch-kanadische Forscherin Deborah Raji überprüft Software, die das Leben von Menschen zerstören kann. Das kommt nicht überall gut an.
von Roberta Fischli
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