In diesem Brief aus der Zukunft geht es um Satelliten-Internet // Teamwork extrem // Suchtkapitalismus.
Diese Woche soll endlich passieren, was schon vielfach angekündigt und genauso häufig verschoben wurde: der Testflug von Starship, eine Rakete gebaut von Elon Musks Unternehmen SpaceX und mit 119 Metern Länge die größte Rakete überhaupt. Genauer gesagt eine Kombination aus einem Raumschiff mit Namen Starship und einem Raketenantrieb namens Super Heavy. Wem das fantasielos vorkommt: 2017 kündigte Musk das Projekt beim International Astronautical Congress noch unter dem Titel BFR an, Big Fucking Rocket.
Nun soll die gesamte Konstruktion getestet werden – einmal Richtung Orbit und zurück. Das Zurück ist dabei ganz entscheidend, denn die beiden Teile sollen im Gegensatz zu üblichen Raketen unbeschadet landen und sich wiederverwenden lassen. Langfristig hat SpaceX die Marsbesiedlung fest im Blick, kurzfristig liegen die Ziele allerdings viel näher: in der Umlaufbahn unseres Planeten. Dort herrscht ein reges Treiben von Satelliten, darunter SpaceXs eigene 3.700 Starlink-Satelliten, die uns mit lückenlosem Internetzugang versorgen sollen. Das ist nicht nur auf deutschen Bahnstrecken interessant, sondern auch in abgelegenen Regionen, in denen kabelgebundenes Internet bisher keine Option ist, zum Beispiel in der Antarktis.
Zuletzt sorgte SpaceX durch den Einsatz von Starlink im Krieg in der Ukraine für Diskussion. Dort versorgt das Satellitennetzwerk die Ukrainer:innen zuverlässig mit Zugang zum Internet – einerseits. Andererseits ist das Netzwerk durch SpaceX eng an das Schicksal eines Privatunternehmens geknüpft – Musk wollte das Projekt wegen herber finanzieller Verluste zwischenzeitlich beenden – und auch nur bedingt für militärische Zwecke geeignet. So oder so sind Raketen und Internet-Satelliten ein großes Geschäft: Nächsten Monat will Amazon erste Satelliten seines Kuiper-Netzwerks testen, weitere Unternehmen werden nachziehen. Ende März erhielt das Münchner Luft- und Raumfahrtunternehmen Isar Aerospace in der bisher größten SpaceTech-Finanzierungsrunde dieses Jahr 155 Millionen Euro.
2019 gab es nur etwa 3.000 aktive Satelliten insgesamt, bis Ende dieses Jahrzehnts könnten 20.000 Satelliten allein von SpaceX und Amazon über unseren Köpfen schwirren. Es wird voll im All und entsprechend groß ist die Angst vor Weltraumschrott und Kollisionen. Das war vor sechzig Jahren noch ganz anders, als John F. Kennedy seine amerikanischen Mitbürger:innen auf den Wettlauf zum Mond einschwor: Gerade weil die Mission so schwierig sei, müsse man sich ihr stellen und mit amerikanischem Pioniergeist die unberührten Weiten des Alls bezwingen. Heute geht es eher darum, den Flugobjekten derjenigen auszuweichen, die Big Fucking Rockets bauen wollen. Auch das wird nicht einfach werden.
von Lea Beiermann
Personal Growth
Teamwork extrem: Was wir von Astronaut:innen lernen können
Wenn Teamwork im Büro scheitert, ist das ärgerlich und kann für Unternehmen teuer werden. Scheitern dagegen Teams im All, kann es schnell um Leben und Tod gehen. Erfolgreiche Zusammenarbeit ist für Astronaut:innen immens wichtig und wird gleichzeitig durch extreme Bedingungen erschwert, denn im All arbeitet die Crew isoliert auf engstem Raum in einer lebensfeindlichen Umgebung.
Drei Psycholog:innen der Rice University haben 2020 untersucht, worauf es beim Teamwork im All ankommt. In ihrem ABC des Teamworks unterscheiden sie zwischen „Attitudes“, „Behaviour“ und „Cognition“: die emotionale Verfassung der Crew-Mitglieder, ihr Verhalten und kognitive Prozesse, etwa das Lernen im Team. Einige Erkenntnisse der Forscher:innen lassen sich auch auf weniger extreme Arbeitsbedingungen anwenden:
Attitudes: Die persönliche Einstellung und emotionale Verfassung der Astronaut:innen hängen von ihrer psychologischen Sicherheit ab, also wie sicher sie sich dabei fühlen, auch unangenehme Themen im Team anzusprechen. Ist die psychologische Sicherheit hoch, passieren weniger Fehler, weil Probleme frühzeitig gelöst werden können.
Behaviour: In den Bereich des Verhaltens fällt beispielsweise das Konfliktmanagement. Den Astronaut:innen hilft es zu verstehen, welche Konflikte produktiv sind (aufgabenbezogene) und welche destruktiv (persönliche Konflikte), und die destruktiven zu vermeiden.
Cognition: Unter Zeitdruck treffen diejenigen Teams die besten Entscheidungen, die in zwei Schritten vorgehen: indem sie sich erst viel Zeit zum Informationsaustausch nehmen und dann sehr schnell entscheiden – und nicht umgekehrt.
von Lea Beiermann
Dive Deeper
Medizin gegen fortgeschrittene Zivilisationsstörungen
Medikamente zum Abnehmen versprechen Milliarden-Umsätze. Die Abhängigkeit von süchtig machenden Lebensmitteln wird so nur durch die Abhängigkeit von einem Medikament ersetzt.
von Miriam Meckel
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