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  • 07.06.2021
  • Finn Blug

Europa und der KI-Rüstungswettlauf

Ex-Google-CEO Eric Schmidt warnt davor, dass Europa beim Wettstreit um Künstliche Intelligenz hinter die USA und China zurückfällt. Das könnte auch zum Sicherheitsrisiko werden. 

Das israelische Militär bezeichnete seine Operation im Konflikt mit der Hamas im Mai kürzlich als den „weltweit ersten KI-Krieg“. Und auch wenn sich über die Abgrenzung und Details dieser großspurigen Einordnung wohl streiten lässt, wird hier sehr deutlich: Künstliche Intelligenz spielt bereits eine wichtige Rolle in aktuellen Konflikten und wird in den militärischen Auseinandersetzungen der Zukunft noch viel relevanter – wenn nicht sogar zum zentralen Schlachtfeld werden. Möchten Staaten nicht den Anschluss verlieren, müssen sie also massiv in die Entwicklung und Forschung Künstlicher Intelligenz investieren. Wie steht es dabei um Europa?

Als die EU-Kommission Ende April ihren Entwurf für das Gesetz zur Regulierung Künstlicher Intelligenz vorstellte, waren die Reaktionen zweigeteilt: Während Datenschützer:innen die Pläne der Kommission als unzureichend zurückwiesen, kritisierten industrienahe Stimmen, dass Europa nun vollends den Anschluss an die Technologieführer USA und China verlieren würde.

Nun stimmte auch Eric Schmidt, ehemaliger Google-CEO, in den Chor derjenigen Kritiker:innen ein, die in den Regeln vor allem einen Wettbewerbsnachteil für Europa sehen: „Es ist nur ein Vorschlag, aber wenn Sie ihn ohne Änderungen annehmen würden, wäre das ein sehr großer Rückschlag für Europa“, sagte Schmidt im Rahmen des diesjährigen KI-Gipfels des Portals POLITICO. Schmidt ist Vorsitzender der US-amerikanischen Nationalen Sicherheitskommission Künstliche Intelligenz (NSCAI) und berät in dieser Funktion den Präsidenten und das US-Kongress. Seine Kritik kommt also nicht von ungefähr.

Interessant in Bezug auf Europa wird es, wenn man seine Aussagen im Kontext betrachtet: Bei der Vorstellung eines NSCAI-Berichts im März sagte Schmidt, dass die USA selbst nicht ausreichend vorbereitet seien, im KI-Bereich mit China zu konkurrieren, geschweige denn sich adäquat zu verteidigen. Wenn also die USA gegenüber China nach Expertenmeinungen bereits im Hintertreffen sind, was heißt das für Europa?

Zwischen den beiden Regionen besteht bereits jetzt ein massives Ungleichgewicht: In der zivilen KI-Forschung wurden in der EU 2020 umgerechnet zwei Milliarden US-Dollar investiert – gegenüber 23,6 Milliarden privater Investments in den USA. Dieser Rückstand könnte für Europa nicht nur wirtschaftlich fatal, sondern auch zu einem ausgewachsenen Sicherheitsrisiko werden.

Zugleich ist der militärische Einsatz von Künstlicher Intelligenz schon seit Jahren höchst umstritten. Bereits 2015 unterzeichneten Tausende KI- und Robotik-Forscher:innen einen offenen Brief, in dem sie ein Verbot autonomer Waffen forderten. In dem Brief warnten die Expert:innen vor einem globalen KI-Rüstungswettlauf, der einmal im Gange, kaum ausgebremst werden könne. Sechs Jahre später beansprucht das israelische Militär den Begriff des „ersten KI-Kriegs“ für sich und wieder mal entsteht der Eindruck, dass die Technologie entgegen aller Warnungen schneller implementiert wurde, als über die entsprechenden Implikationen nachgedacht werden konnte.

Vor diesem Hintergrund ist der Versuch der Kommission eine restriktive und „am Menschen orientierte“ Regulierung von KI einzuführen aller Ehren wert – schließlich schafft der Entwurf eine Projektionsfläche für die so nötige Debatte über KI. Allerdings muss man sich auch fragen, ob es dafür nicht schon viel zu spät ist.

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