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  • 15.11.2021
  • Finn Blug

Effizientere Algorithmen fürs Klima

Digitalisierung gilt als Heilsbringer für mehr Nachhaltigkeit. Doch konsequent mitgedacht wird das nicht. Dabei bieten vor allem die Algorithmen selbst große Einsparpotenziale.

Als in dieser Woche zahlreiche Staaten und Autobauer am Rande der UN-Klimakonferenz in Glasgow das Ende des Verbrennermotors ab 2040 ankündigten, war es wenig überraschend, dass sich weder die Bundesregierung noch die deutschen Autobauer der Erklärung anschlossen. Schließlich wolle man sich nicht technologisch auf E-Mobilität eingrenzen lassen – Stichwort: synthetische Kraftstoffe. Außerdem fehle es in der Erklärung an verbindlichen Zusagen zu einer entsprechenden Infrastruktur.

Dieser Reflex ist uns wohlbekannt: Genauso wird seit Jahren argumentiert, wenn es um alternative Antriebe geht. Lange Zeit konnte sich die deutsche Autoindustrie zurückziehen auf eine technologische Scheindiskussion und Delegation von Verantwortung – mit dem immer selben Ergebnis: die Zementierung des Status Quo. Dabei war eigentlich schon vor Jahren klar: Stetiges Wachstum mit einer umweltschädlichen und im Kern unveränderten Technologie, das kann auf Dauer nicht gehen.

Bei der Digitalisierung stehen wir derzeit an einem ähnlichen Punkt: Bis zu vier Prozent der weltweiten CO2-Emissionen gehen zurzeit auf Informationstechnik (IT) zurück. Doch das wird nicht so bleiben: Schätzungen zufolge werde die IT in zehn bis 20 Jahren die Hälfte des weltweiten Stromverbrauchs verursachen, erklärte Jens Gröger, Senior Researcher für Produkte und Stoffströme am Öko-Institut in Berlin, in dieser Woche im Deutschlandfunk. Selbst wenn man davon ausgeht, dass eine zunehmende Digitalisierung hohe Einsparpotenziale birgt, wird also deutlich: Auch im Umgang mit Technologie und dem Digitalen wird Nachhaltigkeit nicht konsequent mitgedacht.

Dass das bisher nur sehr einseitig getan wird, beschreibt Neil Thompson, Wissenschaftler am MIT-Lab für Computerwissenschaften und künstliche Intelligenz in einem aktuellen Artikel für das US-amerikanische Tech-Portal VentureBeat: Die zunehmende Komplexität digitaler Anwendungen sei bisher immer durch die stetige Leistungssteigerung von Rechenkapazitäten kompensiert worden. Diese regelmäßige Effizienzsteigerung – möglich durch eine immer höhere Zahl integrierter Schaltkreise, die auf einem Mikrochip Platz finden („Moore’s Law“) – droht jedoch endgültig an ihre Grenzen zu stoßen. Für Thompson lenkt das den Fokus weg von der Infrastruktur, hin zu den Algorithmen selbst.

Effizientere Algorithmen können Rechenaufgaben um ein Vielfaches beschleunigen und so den Energieverbrauch drastisch reduzieren. In einer Studie verglichen Thompson und sein MIT-Kollege Yash Sherry die Effekte verbesserter Algorithmen mit den Hardware-bezogenen Effizienzsteigerungen: Im Jahresvergleich wurden 43 Prozent der Algorithmenfamilien so sehr verbessert, dass die Effizienzsteigerungen mindestens genauso groß waren, wie die Gewinne durch das Mooresche Gesetz. Bei 14 Prozent dieser Algorithmen waren die algorithmischen Verbesserungen sogar deutlich höher. Hier liegt also ein enormes Potenzial, das bisher kaum Thema ist, in Bezug auf das „Zeitalter eskalierender Daten“ aber immer wichtiger wird, so Thompson.

Zugleich zeigt ein Blick auf die globale Autoindustrie, dass bloße Effizienzsteigerungen alleine keine Lösung sind – sondern eine Auseinandersetzung mit dem Kern des Problems vielleicht sogar weiter in die Ferne rücken lassen. Genau wie bei der Mobilität dürfen Verzicht und Entschleunigung deshalb auch im Digitalen keine Tabuthemen sein. Wenn wir nachhaltiger leben möchten, unser Leben aber zunehmend im Digitalen stattfindet, müssen wir uns auch dort an den Gedanken gewöhnen, dass ein ungezügeltes „Weiter so“ auf Dauer zu wenig ist. Noch haben wir die Wahl...

Titelbild: Unsplash/Daniel Funes Fuentes

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