Kaum ein Sektor entwickelt neue Produkte so rasant wie die Tech-Branche. Woran tüfteln die großen Konzerne aktuell?
Die Tech-Branche erfindet sich fortwährend und rasend schnell neu. Das muss sie auch, schließlich kämpfen die Konzerne untereinander mit den innovativsten Technologien um den Vorsprung im Markt. Nicht alle patentierten Technologien werden später tatsächlich in Produkten verbaut. Dennoch bieten neu vergebene Patente einen Einblick in die Ideen, an denen die Unternehmen aktuell werkeln. Daher stellen wir euch jeden Monat drei der vielversprechendsten Patente vor, die die US-Patentbehörde USPTO kürzlich an die großen Tech-Konzerne vergeben hat.
Amazon: Satellitenanlagen zum Ausleihen
Nach den verheerenden Überschwemmungen in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen brach an vielen Orten das Internet- und Mobilfunknetz zusammen. Rheinland-Pfalz stellte bald Satellitenschüsseln von Elon Musks’ SpaceX bereit, sodass Anwohner:innen und Helfer:innen zumindest teilweise wieder auf schnelles Internet zugreifen konnten.
Als Raumfahrtunternehmen liefert SpaceX das volle Paket: Sowohl die Starlink-Satellitenkette als auch eigene Satellitenschüsseln auf der Erdoberfläche, die als Antenne fungieren und so von den Satelliten gesendete Informationen empfangen können.
Nicht jedes Unternehmen verfügt jedoch über eine solche, eigene Satelliteninfrastruktur. Deshalb ließ sich Amazon nun ein Patent bewilligen, dass sich das Modell der Sharing Economy zum Vorbild nimmt: Statt Autos, Elektroroller oder Medientitel auf Zeit zu mieten, können Betreiber:innen für eine bestimmte Zeit den Zugang zu Antennenanlagen am Boden kaufen. Über diese Anlagen können sie mit ihren Satelliten im Weltraum kommunizieren.
Was erst einmal trivial klingt, ist ein weiterer Baustein auf dem immer stärker wachsenden Markt des New Space, also der privaten Eroberung des Weltraums. Denn mittlerweile nutzen immer mehr Unternehmen, Universitäten und Regierungen Satelliten, beispielsweise um das Wetter und die Erdoberfläche zu beobachten, zur Kommunikation oder für Videoübertragungen. Das ist aber kostspielig und langwierig, denn neben den Satelliten selbst brauchen Betreiber:innen Antennenanlagen am Boden, um mit ihren Satelliten Kontakt aufnehmen zu können. Wenn sie diese selbst bauen oder aber über einen Langzeitraum anmieten, kann das schnell teuer werden. Und das, obwohl sie im Normalfall die Anlage nicht einmal rund um die Uhr nutzen würden. Anders bei Amazon: Dort können sie sich dann einfach für den gewünschten Zeitraum einmieten.
Facebook: Machtumkehr beim Cybermobbing
Eine:r von sechs Schüler:innen wird im Internet gemobbt, – Tendenz steigend. Das legt eine aktuelle Studie des „Bündnis gegen Cybermobbing” in Kooperation mit der Techniker Krankenkasse unter 6.000 Kindern und Jugendlichen in Deutschland nahe. Zwischen 2017 und 2020 erhöhte sich der Anteil der Schüler:innen, die Mobbing zum Opfer fielen, um rund ein Drittel.
Gerade bewilligte das US-amerikanische Patentamt USPTO Facebook ein Patent, das Opfer von Cybermobbing die Möglichkeit geben soll, sich zu wehren. Sie können kontrollieren, was die Täter:innen über sie verbreiten, aber so, dass diese davon nichts mitbekommen. Das klappt über eine Funktion, über die Opfer die Täter:innen als „eingeschränkt” markieren können. Egal mit welchen anstößigen Inhalten die Täter:innen nun das Opfer online schikanieren wollen: Das Opfer bekommt die Inhalte zuerst vorgelegt und kann eigenmächtig entscheiden, ob der Inhalt in Ordnung ist oder nicht. Für Täter:innen sieht es indes so aus, als sei der Post schon längst online erschienen. Ist er aber eben gar nicht, bis das Mobbing-Opfer die Inhalte freigibt. Dann erscheinen sie als reguläre Posts im Internet.
Wie die Macher:innen aber den Missbrauch der Anwendung verhindern wollen, das stellen sie nicht im Patent klar. Schließlich könnten Täter:innen ihre Opfer ja auch dadurch schikanieren, dass sie diese selbst als „eingeschränkt” markieren – und dann einfach nicht die Inhalte freigeben, die das Opfer posten möchte.
Facebook hat die Anwendung bereits bei seinem Tochterunternehmen Instagram getestet. Allerdings scheinbar ohne großen Erfolg, denn aktuell können Nutzer:innen bei Instagram die Funktion nicht mehr nutzen. Stattdessen können sie nur beschränken, wer ihnen Nachrichten schicken und unter ihren Posts kommentieren darf. Außerdem gibt es eine Blockier-Funktion. Bei Facebook selbst können anstößige Inhalte bislang nur gemeldet werden.
Google: Was wurde gerade gesagt?
Wir leben im Zeitalter der Nebenbeinutzung. Bei lästigen Hausarbeiten, unterwegs oder abends auf der Couch läuft meist ein Podcast, Netflix oder das Radio. Leider geht damit aber auch oft eine kurze Aufmerksamkeitsspanne einher und wir überhören schnell mal die eine oder andere wichtige Information. Normalerweise müssten Hörer:innen oder Zuschauer:innen dann bis zum letzten Punkt zurückspulen, an dem sie noch alles verstanden haben. Das ist nicht immer möglich und zudem umständlich.
Ein neues Patent von Google könnte in Zukunft aber die Wörter oder Sätze liefern, die Nutzer:innen gerade verpasst haben. Die Nutzer:innen teilen dafür der Anwendung per Ausruf, über einen Knopf oder Berührung des Bildschirms mit, dass sie gerade etwas verpasst haben. Nach einer kurzen Frage wie „Was wurde gerade gesagt?”, reagiert das System schnell und stellt eben Gesagtes schriftlich zur Verfügung.
Die Erfinder:innen beschreiben, dass die Informationsabfrage nicht nur bei Fernsehsendungen funktionieren soll, sondern unter anderem auch bei Songtexten, Redebeiträgen in Livesendungen und sogar zur Übersetzung von fremdsprachigen Wörtern.
Apple integrierte eine ähnliche Funktion schon beim Apple TV. Dort springt Siri auf Anfrage, was denn gerade gesagt wurde, allerdings nur 15 Sekunden im Videostream zurück und schaltet temporär Untertitel ein. Das System analysiert also nicht wirklich die Audioinhalte.
Egal welche Störung den Genuss des Konzertes vom Lieblingskünstler oder die spannende Fernsehsendung unterbricht: Etwas verpassen müsste man mit dem neuen Google-Patent in Zukunft nicht mehr, auch ohne Zurückspulen.
Titelbild: Marat Gilyadzinov/Unsplash