Eine aktuelle Recherche zeigt auf, wie wenig Steuern die reichsten US-Amerikaner:innen zahlen. Ganz vorne mit dabei sind auch die US-Tech-Milliardäre – obwohl gerade sie immer versucht haben, sich vom „alten Geld“ abzugrenzen.
Als das unabhängige Journalismus-Netzwerk ProPublica in dieser Woche Daten aus den Steuererklärungen der reichsten US-Amerikaner:innen enthüllte, war die Aufregung groß. Dass Großverdiener:innen vergleichsweise wenig Abgaben zahlen, ist zwar weitestgehend bekannt, in welchem Ausmaß sie in den USA jedoch vermeiden Steuern zu zahlen, war für Viele dann doch überraschend.
Bei ihren Recherchen berufen sich die Journalisten Jesse Eisinger, Jeff Ernsthausen und Paul Kiel auf einen riesigen Datensatz der US-Steuerbehörde IRS, der ihnen anonym zugespielt wurde. Diese Daten enthielten nicht nur Informationen zu Einkommen und Steuerzahlungen US-amerikanischer Superreicher aus den vergangenen 15 Jahren, sondern auch zu ihren Investitionen, Aktiengeschäften und sogar Glücksspielgewinnen, heißt es in dem Artikel.
Die Journalisten verglichen die Einkommenssteuerabgaben der 25 reichsten US-Amerikaner:innen mit ihren tatsächlichen Vermögenszuwächsen. Daraus ergab sich für den Zeitraum von 2014 bis 2018 eine durchschnittliche Steuerquote von 3,4 Prozent. Die entsprechende Abgabenquote von Amazon-Gründer Jeff Bezos beträgt für den Zeitraum nur 1,3 Prozent, wie aus dem Artikel hervorgeht. Tesla-Chef Elon Musk zahlte im Jahr 2018 sogar gar keine Einkommenssteuer.
Möglich werden die geringen Abgaben durch Schlupflöcher im US-Steuersystem. Das ist erstmal keine neue Erkenntnis - das ewige Hin und Her um die mögliche Veröffentlichung von Donald Trumps Steuererklärung und die Enthüllungen der New York Times über seine strukturellen Steuervermeidungstaktiken, zeigten bereits im vergangenen Jahr: Das Steuersystem erlaubt es Superreichen ihre Einkommenssteuer mit Verlusten zu verrechnen, die in keinem Verhältnis zu ihren immensen Vermögen stehen. Für die meisten Amerikaner:innen müsste das eigentlich wie blanker Hohn wirken.
Doch mit vollkommener Empörung über diese Zustände ist nicht zu rechnen in einem Land, das sich noch immer stark auf das Narrativ unbegrenzter Aufstiegsmöglichkeiten beruft. Denn während diese Erzählung vor dem Hintergrund zunehmender Ungleichheiten immer mehr verstaubt, waren es gerade die großen Tech-Unternehmen und ihre Gründer:innen, wie Bezos und Musk, die dem Narrativ zuletzt wieder etwas von ihrem alten Glanz zurückgaben.
Dass das ein Trugschluss ist, haben die neuerlichen Enthüllungen endgültig bewiesen. Und so verblasst nicht nur die Erzählung des amerikanischen Traums wieder zunehmend – auch der Mythos vom egalitären, pluralistischen und disruptiven Fortschritt der US-amerikanischen Tech-Industrie bekommt einen weiteren, empfindlichen Schlag.