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  • 08.02.2023
  • Finn Blug, Lea Beiermann

Die digitale Vermessung der Welt

In diesem Brief aus der Zukunft geht es um Digitale Kartographie // Räumliche Wahrnehmung // Shift Happens #3.

Kannst du dich erinnern, wann du das letzte Mal an einem fremden Ort nach Orientierung gesucht hast, ohne dabei dein Smartphone zurate zu ziehen? Längst begleiten uns digitale Kartendienste auf all unseren Wegen – oder genauer gesagt: leiten uns auf all unsere Wege. Denn Dienste wie Google Maps führen uns nicht nur auf schnellstem Wege von A nach B, sie können uns auch Öffnungszeiten, Besucher- und Verkehrsaufkommen oder Wetterbedingungen an unserem Ziel anzeigen. Es ist selbstverständlich, dass wir uns heute auf diese digitalen Karten blind verlassen.

Seit mehr als 15 Jahren kartographieren Tech-Konzerne, allen voran Google, die Welt in einem nie dagewesenen Ausmaß. Durch die Kombination von Satelliten- und Streetviewbildern sowie physischem Kartenmaterial sind diese Daten immer präziser geworden, die Ergebnisse der „Vermessung der Welt“ nur einen Klick entfernt. Doch in Zukunft sollen Karten noch viel akkurater werden: So entwickelt das von der japanischen Regierung und Toyota geförderte Start-up DMP dreidimensionale Hochpräzisionskarten. Diese sollen die Grundlage für zahlreiche Innovationen im Bereich der Mobilität oder Logistik bilden, wie beispielsweise selbstfahrende Autos oder autonome Drohnen.

Google hingegen sieht die Zukunft seiner Kartendienste unter anderem in der erweiterten Realität: Künftig sollen wir nicht mehr aufs Handy starren müssen, um uns zu orientieren, sondern Informationen und Wegbeschreibungen in unser Blickfeld projiziert bekommen, wie Christopher Phillips, Leiter von Googles Geo-Team, Ende des vergangenen Jahres im Interview mit dem Wall Street Journal erklärte. Stichwort: immersive Karten.

Doch wie jede Repräsentation der Welt erschaffen Karten seit jeher auch eine eigene Realität. Lange Zeit war diese Realität eine dezidiert westliche: In der klassischen Weltkarte des flämischen Kartographen Gerhard Mercator von 1569 wird Europa viel größer dargestellt, als es tatsächlich ist. Und auch die digitale Kartographie ist nicht frei von Verzerrungen. So zeigte Google Maps in der Vergangenheit für manche Länder aufgrund politischer Konflikte nicht die offiziellen, von der UN anerkannten Grenzen an. Zudem ist Google noch immer eine Werbeplattform und zeigt in seinen Karten bevorzugt Businesses an, die dafür zahlen.

„Wir formen unsere Werkzeuge und dann formen unsere Werkzeuge uns”, sagte der Medientheoretiker Marshall McLuhan einst. Vielleicht ist es wert, diesen denkwürdigen Satz ab und an mitzudenken, wenn wir mal wieder blind unserem Smartphone folgen.

von Finn Blug



Personal Growth

Maps and the City: Räumliche Wahrnehmung trainieren


In London müssen angehende Taxifahrer:innen, die eines der berühmten schwarzen Cabs fahren wollen, einen schwierigen Wissenstest bestehen, der nur „The Knowledge“ genannt wird: Die Cab Drivers müssen sich mühelos ohne Karte und GPS in allen  25.000 Londoner Straßen zurechtfinden können. Dabei nimmt das räumliche Vorstellungsvermögen der Taxifahrer:innen zu – so stark, dass ein Forschungsteam schon vor einiger Zeit Veränderungen entsprechender Hirnareale nachweisen konnte.

Dieser Trainingseffekt hängt jedoch davon ab, wie wir Menschen navigieren. Grob gesagt bewegen wir uns auf  zwei Arten durch den Raum: Entweder navigieren wir – immer von unserer aktuellen Position ausgehend – auf ein nahegelegenes Ziel zu. Oder wir visualisieren einen Raum, indem wir Objekte auf einer mentalen Karte ganz unabhängig von unserer eigenen Position zueinander in Beziehung setzen. Inzwischen nutzen wir immer häufiger die erste Art zu navigieren, denn die entspricht der Turn-by-Turn-Navigation, die wir von Google Maps kennen. Doch darunter leidet unser räumliches Vorstellungsvermögen.

Ein Gegenmittel könnten immersive Karten sein, die eine andere Form der digitalen Navigation ermöglichen: So hat ein australisches Forschungsteam ein Augmented-Reality-Display designt, das zur besseren Orientierung städtische Wahrzeichen ins Sichtfeld einblendet, die sonst hinter anderen Gebäuden verschwinden – mit vielversprechenden Ergebnissen hinsichtlich der räumlichen Wahrnehmung der Proband:innen.

Wie bewegst du dich durch den Raum? Glaubst du, dass eine mentale Karte dir beim Navigieren helfen könnte? Oder verlässt du dich ganz auf Google Maps?

von Lea Beiermann



Dive Deeper


Folge #3: Memes | Kartographie | Coppélia X Machina


In der neuen Folge von Shift Happens sprechen Miriam und Léa über Internetmemes und ihre Geschichte. Außerdem nehmen sie den aktuellen Trend rund um Vintage-Landkarten zum Anlass über Grenzen nachzudenken – kulturell, geopolitisch, aber auch gedanklich. Dazu berichten die Beiden vom Besuch eines Balletts, in dem die Grenzen zwischen Mensch und Maschine verschwimmen. Und für die thematische Überraschung, geht es diesmal an einen Ort, an dem man zwei Wochen am Stück in brennender Hitze arbeiten kann – „this is fine!“.

mit Miriam Meckel & Léa Steinacker

Jetzt hören


Die Aggression der Fanatiker


Noch vor wenigen Monaten wäre die Lieferung von Leopard-2-Panzern an die Ukraine unvorstellbar gewesen. Weitere Waffenlieferungen sollten jedoch nach wie vor nur durchdacht erfolgen. 

von Miriam Meckel

Jetzt lesen

 

Und zuletzt:


Auf der Website thetruesize kann man die Flächen einzelner Länder auf einer interaktiven Weltkarte übereinanderschieben – und so deren tatsächliche Größe miteinander vergleichen.



Dies ist das Archiv unseres wöchentlichen Newsletters, dem Brief aus der Zukunft. Gelange hier zur Sammlung, um mehr zu entdecken.

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